Blog-n-Roll - Aus dem Leben eines FernsehredakteursBlog-n-Roll

Zeug, das die Welt nicht braucht

25. April 2014 - sk

Asien fickt deinen Kopf. Brummenknatternrattern in Endlosschleife, duracellbetriebenes Treiben, stinkende Düfte und duftender Gestank. 16 Tage Südkorea, Japan, Thailand – meine Nase, meine Ohren und Augen wollen nicht mehr riechen, hören und sehen. Zugegeben, das mag das Alter (sechsunddreißigdreiviertel) mit sich bringen, hätten doch so etwas meine Sinnesorgane vor zehn Jahren noch gemütsmenschlich weggesteckt. Doch gestern war gestern und bei Dreharbeiten fällt mir so etwas heute besonders auf, da Ruhe ohnehin schon Mangelware ist. Mein sonst liebgewonnenes Ritual, mich allnächtlich vom Fernseher in den Schlaf rieseln zu lassen (Sender/Sendung/Sprache zweitrangig, Hauptsache es flimmert), findet hier erst gar nicht statt. Die Glotze bleibt aus.

 

Entschleunigung ist in Asien im wahrsten Sinne ein Fremdwort. Mehr noch: Ent-schleunigung, in deutschen Großstädten längst generationsübergreifender Sehnsuchtsbegriff, ist hier quasi Systemgegner, ein Feind der Reizüberflutung. Denn Reizüberflutung hat System. Vielleicht ist sie sogar das System. Die Asiaten sind Effizienzwesen, in Ameisenströmen produzieren und konsumieren sie so viele Dinge Zeug, dass sie gar nicht merken, wie sinnlos es eigentlich ist. Zeug, das das Kapital der Märkte fließen lässt. Zeug, das die Menschen – wie mein Onkel immer sagt – „am scheißen“ hält. Zeug, das uns zunehmend alles [ab]nimmt, auch den klaren Kopf. Konsum statt Kopf ist die Devise.

 

Mein Badezimmer im Hotel in Seoul ist ein Techniktempel mit viel Zeug. Damit man nie friert, erwärmt sich der Klodeckel, sobald man sitzt. Für chronisch verschwitzte Warmblüter wie mich ein Grauen, wenn man den Aus-Knopf nicht findet. Und ein umso größeres, wenn man auf der Bedienung, die komplexer ist als jede TV-Fernbedienung, die falschen Knöpfe drückt. Plötzlich springt die Rektaldusche an, die man mit Pfeiltasten hoch und runter bewegen kann, um milimetergenau das Poloch zu treffen. Ohne Scheiß. Wem das nicht reicht, der bleibt einfach sitzen, um sich anschließend den Hintern trocken föhnen lassen, mit individueller Wärmeregulierung, just push the (right) button. Ausprobiert, für ungut befunden, aber dennoch wohl bald auch in deutschen Ärschen vorzufinden. Technik für´n Arsch. Dann doch lieber Tamagotchis.